14.04.2016

Zwei Leben für die Adlerin

Die Mode der „Tiroler Adlerin“ ist eine einzigartige. Sie verbindet Kunst, Individualität und Tradition. Diese Verbindungen im richtigen Verhältnis zusammengemixt, prägen die Kollektionen der beiden Zillertalerinnen und machen sie zu etwas ganz Besonderem. „Mode ist eine Aussage – dessen sollte man sich bewusst sein“…

Die Geburtsstunde

“Wenn ich kreativ sein darf und etwas Neues entsteht an dem ich mich erfreuen kann, sehe ich mein Schaffen eher als Berufung als Beruf.“

2007 gründete Margret die „Tiroler Adlerin“, entwarf erste Musterkollektionen und Unikate. 2009 entschloss sie sich dazu, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen und bereits ein Jahr später gewann sie als älteste Preisträgerin und erste Frau den „Tiroler Jungunternehmerpreis“ in der Kategorie „Moderne Tradition“. Ein Kultlabel war geboren. Obwohl sich der rote Faden von „Mode“ in Margrets Leben von Anfang an durchzieht, dauerte es doch – sagen wir – etwas länger bis sie zur namhaften Tiroler Designerin wurde. „Meine Mutter war Schneiderin und meine Tante hatte einen Webstuhl in unserem Bauernhof“, schmunzelt die kreative Zillertalerin beim Gedanken an ihre Kindheit. Bereits als kleines Mädchen war sie fasziniert, was die beiden alles zauberten und wie sie aus abgetragenen Kleidungsstücken wieder neue, schöne Kleider kreierten. Dennoch schlug Margret nicht diesen Weg ein, sondern wurde Lehrerin. Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter half sie schließlich in der Firma ihres Mannes mit, ehe sie 2007 einen Kurs des Handsiebdruckes besuchte. Eine neue Leidenschaft war geboren und auch die „Tiroler Adlerin“, denn im Laufe dieses Kurses entstand das typische Adler-Logo des Modeunternehmens.
„Meine Mutter war schon immer ein sehr kreativer und umtriebiger Geist und wollte sich in ihrer verdienten Pension gemütlich ihrem künstlerischen Schaffen widmen“, erzählt uns Margrets Tochter Melanie bei einer Tasse Kaffee in ihrem gemütlichen „G`schäftl“, wie das Mutter-Tochter-Gespann ihren kleinen Laden liebevoll nennen. „Tja, anstatt der Rente hat sie sich – und mir – mit der „Tiroler Adlerin“ einen Vollzeitjob eingehandelt. ihre Kreativität kann sie aber jetzt bei der Arbeit voll ausleben“, lacht die junge Tirolerin. Melanie selbst machte nach ihrem BWL Studium ein Praktikum bei einer Stahlbrückenbaufirma in Manila, Philippinen. Richtig, etwas komplett anderes. „Zu Weihnachten bekam ich Post von meiner Familie und Mama hatte mir ein T-shirt der „Tiroler Adlerin“ mit dem Spruch „Tirol i mog di“ mitgeschickt“, erinnert sich die Modedesignerin heute zurück. Dass sie nach meiner Rückkehr ins Zillertal gemeinsam mit ihrer Mutter arbeiten würde, war damals nicht abzusehen. So wurde die „Tiroler Adlerin“ als Mutter-Tochter-Gespann aufgezogen.

DAS LOGO

Mut. Stärke. Bewusstsein.

In erster Linie ist die „Tiroler Adlerin“ aus der Kunst entstanden und sollte somit auch als Kunstfigur wahrgenommen werden. Die Symbolkraft der Adlerin ist aber eine starke: Bodenständig steht sie mit beiden Beinen fest am Boden und hebt sich dennoch ab. Heimatverbunden – ihre Schwingen jedoch immer für kreative Abenteuer ausgebreitet.

Die Tiroler Adlerin ist grenzenlos und doch Tiroler Kind. Die Fäuste der Tiroler Adlerin sind geballt und sie ist stets bereit, außergewöhnliche Ideen durchzusetzen. Selbstbewusst trägt die Königin der Lüfte ihre Krone und zeigt mit ihrer spitzen Zunge Mut.

Mode für Kreative & Authentische

Die Mode der „Tiroler Adlerin“ ist eine einzigartige. Sie verbindet Kunst, Individualität und Tradition. Diese Verbindungen im richtigen Verhältnis zusammengemixt, prägen die Kollektionen der beiden Zillertalerinnen und machen sie zu etwas ganz Besonderem. „Mode ist eine Aussage – dessen sollte man sich bewusst sein“, erklärt uns die 64jährige Margret Schiestl, während sie ihre Kaffeetasse in der Hand hin- und herschiebt und ihre Blick immer wieder durch ihr „G`schäftl“ schweifen lässt. „Ich finde es sehr inspirierend und auch erfüllend Mode selbst zu entwerfen und mich ihr nicht zu unterwerfen.“ So entsteht im Hause „Adlerin“ keine 0815 Mode, sondern exklusive Stücke aus vorwiegend regionalen Stoffen und Naturfasern. „Kunden sollen nicht nur gut beraten werden, sondern auf Wunsch auch Einzelstücke erhalten, die in regionaler Fertigung direkt im Zillertal entstehen“, erklärt uns Margret die Geschäftsidee. Die Kleidungsstücke werden direkt im Zillertal produziert und jedes der Stücke wird von Margret persönlich zusammengestellt und mit Handsiebdruck veredelt. Ein ganz bestimmtes Bild von Trägerinnen haben die beiden allerdings nicht im Kopf, wenn sie ihre Mode entwerfen: „Die Mode steht für mutige, kreative und authentische Träger. Aber unsere Kunden sind so vielfältig wie die Kollektionen selbst“, wird uns ein Einblick in das Geschäftsleben rund um die Marke „Tiroler Adlerin“ gewährt.

Die Kollektionen wachsen ständig, mittlerweile präsentieren die beiden bereits ihr sechstes Lookbook. Es gibt von handgefertigten Lodenschuhen über Kleider und Mäntel bis hin zu Mützen und Schmuck so ziemlich alles bei der „Tiroler Adlerin“. Doch hat man bei so vielen Sachen noch ein Lieblingsstück, fragen wir die beiden? „Ja“, schießt es förmlich aus Melanie heraus. „Mein persönliches Lieblingsstück sind unsere „Jumpsuits“. Diese Overalls gehen einfach immer – egal ob für den Abend oder untertags – einfach die richtigen Accessoires dazu und man ist immer passend angezogen“, schafft die 30jährige Designerin voller Enthusiasmus ein inneres Bild vor unseren Augen, sodass wir den Overall am liebsten gleich kaufen würden. Margret hat allerdings einen anderen Favoriten. „Ich liebe die Lodenjacken für Damen und Herren. Jede Jacke ist ein besonderes Einzelstück und wird mit viel Liebe zum Detail verarbeitet. Egal ob lässig zu Jeans und T-Shirt kombiniert oder zu eleganten Veranstaltungen getragen – die Lodenjacken sind immer ein Hingucker.“

Zwei Leben für die Adlerin

Margret und Melanie Schiestl Leben für die Tiroler Adlerin.
Die Kleinheit des Betriebes erlaubt es Margret und Melanie, oft etwas Neues auszuprobieren, ohne Trends nacheifern oder für eine bestimmte Zielgruppe designen zu müssen. „Wir nehmen uns die Freiheit, unserem Geschmack und Instinkt zu folgen“, erklären sich die beiden den Erfolg ihrer Kollektionen. „Damit macht die Arbeit Spaß und es funktioniert.“
Doch woher nehmen die beiden immer wieder neue Ideen für Kleidungsstücke, ihre Kreativität und Ausdauer? „Inspiration findet sich überall“, ist sich Margret sicher. „Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und halte gerne Ausschau. Meine Hauptquellen für Inspiration sind die Natur und Kunst.“ Aber auch Begegnungen mit interessanten Menschen und Spontanität verleihen der Zillertalerin die kreativen Ideen für ihre individuelle Mode. Herausforderungen und Hürden gibt es in jedem Leben und Beruf, ist sie sich sicher. „Mit viel Herzblut und Engagement für die „Tiroler Adlerin“ wurde bisher alles gut gemeistert“, lächelt Margret.
2009 noch auf 30 Quadratmetern Verkaufsfläche begonnen, haben die beiden starken und tüchtigen Frauen ihr „G`schäftl“ in Ramsau im Zillertal und auch das Team drum herum vergrößert. „Mit Mut, Kreativität und Begeisterung können gute Ideen überall entstehen und Erfolg haben. Ich glaube auch, dass die Zillertaler bei weitem offener und moderner sind als ihr Ruf“, schmunzelt die Jungdesignerin. Erinnert sie sich allerdings an die Anfänge zurück, gerät diese Aussage leicht ins Schwanken. „Gerade zu Beginn hat die „Adlerin“ sehr polarisiert und konträrste Meinungen wurden lauthals kundgetan“, erinnert sich Melanie zurück. „Manche Männer fühlten sich durch die Adlerin nahezu brüskiert und es war erstaunlich, wie viele Leute darüber diskutierten und politisierten.“ Doch für den Markenaufbau war das alles nur gut. Mittlerweile sind die Adlerinnen aus dem Zillertal kaum mehr wegzudenken. Für die Zukunft hat das Mutter-Tochter-Gespann einige Wünsche und Träume. „Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass bei uns Planung nicht funktioniert – wie es wird, wird es gut sein“, erzählt Melanie lachend. Auf jeden Fall wollen die beiden weiterhin mit viel Engagement und Herzblut in ihrem „G`schäftl“ arbeiten und weiterhin auf die Kleinheit ihres Unternehmens als Stärke für eine gehobene Marke nutzen.

Text: © Lisa Grießer, GUT
Bilder: © Andre Schönherr

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