28.08.2019

Später Höhenflug

Wenn die Mutter mit der Tochter auf den Schwingen der Adlerin zu textilen Höhenflügen abhebt, haben beide viel zu erzählen. In diesem Fall haben wir mit Christine Frei für das Magazin PUR geredet und allerhand ausgeplaudert…

Später Höhenflug

Rubrik: Tiroler Markenbotschafterin / Im Porträt: Margret Schiestl.
Später Höhenflug
Mit 60 gewann sie als erste Frau den Tiroler Jungunternehmerpreis. Davor war sie Lehrerin, Mutter, Ehe- und Geschäftsfrau und immer schon Künstlerin. Seit zwölf Jahren ist Margret Schiestl gemeinsam mit ihrer Tochter Melanie Herz und Hirn der Erfolgsmarke „Die Tiroler Adlerin“.
Es gibt kein Stück, auf dem sie nicht prangt, ob auf dem prunkvollen Dirndl, dem minimalistischen Etuikleid, dem sportiven Sweater, der wickelbaren Sommerleinenjacke, den derzeit unverzichtbaren weißen Sneakers oder auch auf den stylischen Bergschuhen, und ja, sogar auf den trachtigen und gleichzeitig ziemlich lässigen Männerlodenjacken – denn auch die Herren haben sie längst für sich entdeckt: die Tiroler Adlerin. Jenes unverwechselbare Markenzeichen, das Margret Schiestl am 7.7.2007 mit jugendlichen 58 auf einer Zugfahrt mal eben schnell hingescribbelt hat. Weil so ein eindrucksvolles Tier – ob Geier oder Mäusebussard, so genau weiß sie das selbst nicht mehr – plötzlich vor ihr seine stolzen Runden gezogen habe, sodass sie gar nicht umhin kam, als das innere Bild, das sich in ihr plötzlich auftat, umgehend aufs Papier zu bringen. Dass derart magisch zufliegende Ideen sofort festgehalten gehören, das hat sie bei keinem Geringeren als dem Malerfürsten Markus Lüpertz gelernt, bei dem sie immerhin zwei Jahre studiert hat.
Margret zeichnet jedenfalls ein weibliches Wappentier. Und was für eines: keine klassische Schönheit, eher so eine Mischung aus Josephine Baker und Percht, mit breiten bequemen Stöckelschuhen und in konzentrierter Plie- oder vielleicht auch Yogahaltung. Die lange und mächtige Zunge ungebändigt, denn diese Adlerin muss nicht mehr schweigen, ganz im Gegenteil. Und sie weiß sich mit ihren Schwingen Raum zu verschaffen. Ein Kraftsymbol erster Güte. So verwundert es retrospektiv auch nicht, dass es umgehend einschlug und seinen Weg in die Welt fand. Als Hommage an die Geierwally Anna Stainer-Knitel war es ursprünglich von ihr gedacht. Denn dieser Außerferner Pionierin, die als erste Tirolerin – wenn auch nur kurz – an der Kunstakademie München studierte, gegen den Willen der Eltern einen Bildhauer heiratete und bis ins hohe Alter eine Zeichen- und Malschule für Damen in Innsbruck betrieb, habe sie sich immer wesensverwandt gefühlt. Tochter Melanie, eine studierte Betriebswirtin, die ihr fast von Anbeginn als Sparringpartnerin zur Seite steht, sieht das genauso: „Mama ist die Mutigere von uns beiden“, betont sie immer wieder. Und Margret lächelt und meint: „“Jo stimmt“. Sie sei niemandem mehr Rechenschaft schuldig.
Dabei wollte ausgerechnet Melanie als Kind Modedesignerin werden, aber ihre Eltern, erzählt sie verschmitzt, hätten ihr damals geraten, von diesem brotlosen Berufswunsch doch eher Abstand zu nehmen. Nun wächst sie neben ihren Vertriebs- und Marketingaufgaben zunehmend auch ins Designen hinein. Der Weg zurück erfolgte freilich leicht widerwillig. Denn damals war Melanie gerade als Managerin in Manila im Stahlbrückenbau tätig. Doch schon nach der Präsentation der ersten Adlerinnen-Siebdrucke im Rahmen der art didacta spürt ihre Mutter: Das kann was werden und lässt sich daher auch umgehend die Wort-Bildmarke schützen. Denn Margret Schiestl ist nicht nur Pionierin durch und durch – sie war immerhin die erste Maturantin in ihrem Dorf, hat als erste in Wien studieren dürfen und wurde dort prompt mit der Kunst und vor allen Dingen der Mode infiziert – sie ist gleichzeitig auch der Inbegriff einer bodenständigen geschäftstüchtigen Zillertalerin, hat sie doch über Jahre den Spenglereibetrieb ihres Mannes tatkräftig mitgeleitet.

Als sie den Entschluss fasst, alles, was sie in ihrem Leben gelernt, durchlebt, erträumt und immer schon getan hat, künstlerisch und unternehmerisch zu vereinen – denn als Tochter einer gelernten Schneiderin hatte sich Margret ihre Kleidung immer schon selber kreiert – ist ihr schnell klar, dass hierfür nur eine als Partnerin in Frage kommt: nämlich Melli, wie sie ihre Tochter liebevoll nennt. Auch wenn sich Mutter und Tochter in den Anfängen erst zusammenraufen mussten – seither befindet sich die Tiroler Adlerin im konstanten Höhenflug. Die impulsiv-impressive Arbeitsweise, im Managementjargon würde man sie wohl als agil bezeichnen, mit der Margret dieses Projekt vor 12 Jahren angegangen ist, prägt freilich nach wie vor den Tagesablauf der beiden Frauen. Täglich entstehen neue Kreationen, denn jedes Kleidungsstück ist letztlich ein Unikat, so gut wie alle Stoffe werden handbedruckt oder handbemalt, und jedes Teil der Kundin oder dem Kunden nach der obligaten Anprobe sprichwörtlich auf den Leib geschneidert.
Aus diesem Grund betreibt das Duo neben dem ebenerdigen 300m2-Showroom an der bestens gelegenen Talstraße in Ramsau, den sie charmant untertreibend auf der Homepage als „G’schäftl“ bezeichnen, auch noch eine eigene bestens ausgelastete Schneiderei in Zellberg. Denn die Kundschaft kommt nicht nur aus ganz Tirol, sondern pflegt häufig auch den Tirolurlaub so zu planen, dass man zuvor noch für einen Tag zur Anprobe zur Tiroler Adlerin fährt. Tragbar soll sie sein, ihre Mode, erklärt Margret, und besonders, weil auch jede Trägerin besonders und einzig sei. Worauf sie besonders stolz sei? Natürlich auf den Tiroler Jungunternehmerpreis, den sie vor mittlerweile zehn Jahren im zarten Pensionsantrittsalter von 60 einheimsen konnte. Wieder mal als erste Frau. Und auf die Tatsache, dass sie noch nie auch nur ein Teil in den Ausverkauf gegeben hat. Das sei mit ihrer Philosophie auch gar nicht zu vereinbaren. So wie es auch kein einziges unfair produziertes Textil bei ihnen gäbe. Die stilistische Vielfalt der Tiroler Adlerin ist jedenfalls erstaunlich. Dieses von Margret Schiestl ersonnene subversive Wappentier scheint tatsächlich eine unermessliche Kraft-, Inspirations- und Glücksquelle zu sein. Denn nach einem Zwölfstundentag in Geschäft und Schneiderei steht sie dann noch weitere Stunden in ihrem Atelier, malt und ersinnt neue starke Frauenfiguren, die vermutlich alle auch eine Tiroler Adlerin im Herzen tragen.

© Christine Frei für das Tourismus-Magazin PUR der Raiffeisen Banken Tirol

Liebe Christine,
wir bedanken uns herzlichst, für das angenehme Gespräch und den tollen Artikel!
DANKE für deinen Besuch, dein Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen – es war uns eine Freude!
Deine Adlerinnen

Hier gibt's die aktuelle Ausgabe vom Tourismusmagazin PUR mit dem Artikel über uns zum Durchklicken:

https://www.raiffeisen-tirol.info/flipbooks/20190827_01/

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